Im Nachdiplomstudium HF Pflege, Gesundheitsförderung und Prävention hat sich Silvia Hirsig mit Ethik und Recht auseinandergesetzt und den Umgang mit Konflikten trainiert. Das Gelernte konnte sie umgehend auf einen schwierigen Fall in der Praxis übertragen. Ihre Ausbildnerin Catherine Offermann sagt: «Ihr Mut berührt mich.»
Manchmal passt einfach alles zusammen: Der Zeitpunkt, das Thema, die Situation. So geschehen bei Silvia Hirsig. Die 50-Jährige absolviert zurzeit das Nachdiplomstudium HF Pflege, Gesundheitsförderung und Prävention. Als das Modul «Ethik und Recht» auf dem Stundenplan steht, ahnt sie noch nicht, wie sich das auf ihren Berufsalltag auswirken wird. «Ich habe die Theorie und damit verbunden auch die Ethikrichtlinien richtiggehend verschlungen», sagt Silvia Hirsig. Grund dafür ist unter anderem, dass sie in ihrem Berufsalltag gerade mit einer Patientensituation beschäftigt ist, die ihr schwer zu schaffen macht. «Im Zusammenhang mit einem demenzkranken Mann kam es zwischen den Angehörigen, der Heimleitung und mir zu unterschiedlichen Ansichten», erklärt Hirsig, die in einer Langzeiteinrichtung tätig ist. Obwohl ihr die Ausgangslage auf den ersten Blick aussichtslos scheint, zögert sie nicht lange und bringt den Fall im Rahmen der Weiterbildung ein. Am runden Tisch diskutieren die Studierenden die Situation. Sie reflektieren, hinterfragen – und wägen ab.
Das Dilemma
Ausbildnerin Catherine Offermann hat die ethische Fallbesprechung moderiert. Als Dozentin für «Ethik und Recht» weiss sie nur zu gut, welchen «Seiltanz» die Studierenden in der Praxis manchmal machen müssen. Sie vermittelt den Pflegefachpersonen deshalb nicht nur das nötige Theoriewissen, sondern regt sie an, im konkreten Fall die richtigen Argumente zu finden und Lösungen zu entwickeln. «Häufig geht es um die Fragen: «Wie kann ich die unterschiedlichen Interessen angemessen vertreten? Und welchen Weg muss ich gehen?», erklärt Catherine Offermann. Zum Fall des demenzkranken Patienten, den Silvia Hirsig eingebracht hat, sagt die Dozentin: «Es war eine Extremsituation.» Anhand der sogenannten Dilemma-Methode haben die Teilnehmenden den Fokus gezielt auf den Konflikt gelegt. Für Silvia Hirsig war das ein Schlüsselmoment: «Ich habe realisiert, dass ich tun werde, wozu ich mich als diplomierte Pflegefachfrau HF verpflichtet fühle.»
Neues Selbstvertrauen
Konkret heisst das: Silvia Hirsig hat das Gespräch gesucht. Es kam zu einer Aussprache mit allen Personen, die in den Patientenfall involviert waren. Das Resultat lässt sich sehen: «Wir haben einen Kompromiss gefunden, hinter dem alle stehen können, sagt Silvia Hirsig. Ihre Kursleiterin Catherine Offermann bemerkt: «Ich bin stolz auf sie. Ihr Mut berührt mich.» Umso mehr als es der Dozentin wichtig ist, dass die Studierenden das Gelernte umgehend in der Praxis anwenden können. Gerade in ethischen Dilemma-Situationen sei das besonders anspruchsvoll, meint Offermann. Silvia Hirsig hat die Chance gepackt. Sie sagt: «Die Weiterbildung hat mein Selbstvertrauen gestärkt.»